Schoonebeek: südliche Drenthe (NL) - eine systematische Bestandsaufnahme der historischen Bausubstanz

Um 1830 kartografierten Landvermesser die Niederlande erstmals in einem vollständigen Urkataster. Im Rahmen dieses Katasters wurden die Grenzen der jeweiligen Parzellen mit der darauf befindlichen Bebauung erfasst und die Besitzer der Parzellen in einer “Oorspronkelijk Aanwijzende Tafel” festgehalten. Dies geschah mit der Absicht, die Steuererhebung zu verbessern. Das führte glücklicherweise auch dazu, dass uns die Besitzverhältnisse bis heute überliefert sind.

Schoonebeek, das zu den ältesten Ortschaften der Drenthe zählt, besteht aus vier Siedlungskernen: Westersebos, Middendorp, Oostersebos und dem Kirchdorf Schoonebeek selbst. Es liegt im Südosten der Provinz Drenthe, nahe der deutsch-niederländischen Grenze zur Grafschaft Bentheim.

In Schoonebeek ist die Stichting Poppen ansässig, die sich zum Ziel gesetzt hat, die Geschichte des Dorfes aufzuarbeiten und jederman zugänglich zu machen. Eine der Aufgaben lautet, alle Bauernhöfe zu inventarisieren, die sich noch an den im Urkataster bezeugten Standorten befinden und zugleich das Alter mit Hilfe der Dendrochronologie festzustellen. Hilfestellung für die Untersuchung gab der Verein "De Spieker" mit der Erfassung der Eigentümerfolge des nachgewiesenen Altbaubestandes. Die Bauforscher Hans Ladrak und Jan Battjes haben die Aufgabe übernommen, den Bestand systematisch zu erfassen und zu analysieren. Das Dendrolabor der Pressler GmbH liefert die Altersbestimmung zum Projekt. Mit weit über 1000 bereits ausgewerteten Proben aus der Drenthe und der benachbarten Grafschaft Bentheim bilden 6 Referenzkurven mit einer eng begrenzten Materialauswahl die Basis für eine hohe Quote erfolgreich datierter Hölzer.

NL Schoonebeek, Middendorp 14, Boerderij Rotmensen: Ankerbalkengefüge von 1579±2(d) mit einer Erweiterung von 1730(d) und Sekundärhölzern aus einem Vorgängerbau von 1464(d). Zeichnung und Foto Battjes & Ladrak, NL Erica
NL Schoonebeek, Middendorp 14, Boerderij Rotmensen: Ankerbalkengefüge von 1579±2(d) mit einer Erweiterung von 1730(d) und Sekundärhölzern aus einem Vorgängerbau von 1464(d). Zeichnung und Foto Battjes & Ladrak, Erica

Der in der 2. Hälfte des Jahres 2011 begonnen Inventarisation liegt ein extra für diese Aufgabe entwickeltes Typenblatt zugrunde, in der der überlieferte Baubestand sehr kosten-und zeitsparend festgehalten werden kann. Eine typologische Zuordnung im Kontext mit der dendrochronologischen Datierung ermöglicht nun die Erstellung einer schnellen und systematischen Übersicht.

Der Beitrag, den die Dendrochronologie zur Geschichte Schoonebeeks leistet, liegt einerseits in der Erforschung der zeitlichen Dimensionen der historischen Bebauung, andererseits  in der Ermittlung der Herkunft des Bauholzes. Dies ist besonders vor dem Hintergrund der Grenzlage Schoonebeeks interessant, da hierdurch überregionale technologische und wirtschaftliche Wechselwirkungen über die Grenze hinweg aufgezeigt werden können. Durch den integrierten Forschungsansatz mit klassischen historischen, bauhistorischen und naturwissenschaftlichen Methoden, kann nun die Geschichte Schoonebeeks und seiner Beziehungen in Zeit und Raum in einer großen Bandbreite rekonstruiert werden.

Text, Fotos und Zeichnung: Hans Ladrak, Übersetzung: Sebastian Luke