Die unterschiedlichen Methoden einer Probenentnahme

Bohrkerne/Baumscheiben

Um die für eine Altersbestimmung notwendigen Proben zu gewinnen, setzen Dendrolabors und Bauforscher Spezialbohrer ein, die extra für diesen Zweck entwickelt wurden. Sie weisen, je nach Hersteller, einen Außendurchmesser um 20 mm auf und liefern Proben mit einem Durchmesser um 10 mm. Die Bohrer sind äußerst robust und daher für trockene Laubhölzer gut geeignet.
In besonderen Fällen können Bohrer mit einem Außendurchmesser von 12 mm eingesetzt werden, die Proben mit einem Durchmesser von 6 mm liefern. Der Einsatz ist dann sinnvoll, wenn die Forderung besteht, möglichst geringe Eingriffe in die Substanz vorzunehmen. Die Präparation dieser Bohrkerne ist allerdings aufwändiger.

Sogenannte Zuwachsbohrer sind für diesen Einsatzzweck nicht geeignet; sie sind ausschließlich im Frischholzbereich einsetzbar.

Aus optischen Gründen lassen sich die Bohrlöcher mit einer passenden Holzscheibe wieder verschließen.

Die Auswahl der Stellen, die für eine Probenentnahme überhaupt in Frage kommen, ist begrenzt. Es ist darauf zu achten, dass die Waldkante unbeschädigt vorhanden ist oder bei der Bohrung unbeschädigt bleibt. Insbesondere bei Nadelhölzern besteht die Forderung nach erhaltener Waldkante. Fichte und Tanne weisen keinen sichtbaren Splintbereich auf, sodass bei der Forderung nach einer jahrgenauen Datierung nur mit erhaltener Waldkante die Forderung erfüllt werden kann. Auch bei Nadelhölzern mit sichtbarem Splintbereich (z.B. bei der Kiefer) ist aufgrund der sehr großen Spreizung des möglichen Jahrringumfangs unbedingt auf die Erhaltung der Waldkante zu achten. Ist der Splintbereich so stark vorgeschädigt, dass eine Bohrung nur zu einer weiteren Zerstörung führen würde, kann man versuchen, eine Splintstabilisierung vorzunehmen. Mehr dazu finden Sie unter dem gleichnamigen Kapitel.

Bohrer und Bohrkerne verschiedener Abmessungen. Von oben nach unten (Außendurchmesser/Kern): 1. 25/10 mm; 2. 23/11 mm; 3. 23/10 mm; 4. 16/7 mm; 5. 12/6 mm
Scheibe von einem reparaturbedürftigen Giebelbalken. Drei Radien lassen sich auswerten, um daraus ein arithmetisches Mittel zu bilden, was die Chancen einer sicheren Datierung verbessert.

 Werden uns statt Bohrkernen Holzabschnitte oder Baumscheiben für die Auswertung zur Verfügung gestellt, sind auch hier höhere Aufwendungen erforderlich und bedingen Mehrkosten. Baumscheiben bieten dem Dendrochronologen zwar die beste Möglichkeit der Auswertung, da auf der Scheibe in der Regel mehrere Radien vermessen werden können. Selten aber lassen sich an einem stehenden Gebäude Scheiben entnehmen. Eine dieser Möglichkeiten entsteht, wenn Reparaturarbeiten anstehen. Allerdings ist hier große Sorgfalt bei der Auswahl der Hölzer erforderlich, da der Zimmermann das Holz nur "gesund" schneidet und häufig Schäden an diesem "Abfallprodukt" eine Auswertung unmöglich macht. Zudem gehört die Reparaturstelle des Zimmermanns in den wenigsten Fällen nicht zu den Bereichen, die der Dendrochronologe für eine Probenentnahme auswählen würde.

Bei archäologischen Proben sind Scheibenabschnitte allerdings die Regel, da hier Bohrungen selten gelingen. Nur dann, wenn die Festigkeit des Materials noch ausreicht, lassen sich Bohrkerne gewinnen. Wichtig ist, dass bis zur Probenentnahme die Hölzer ausreichend feucht gehalten werden. Austrocknende archäologische Fundstücke zerreißen während des Trocknungsprozesses und werden dabei deformiert, sodass eine Auswertung nur noch unter erschwerten Bedingungen möglich ist. Häufig lassen sie sich überhaupt nicht mehr auswerten.

Zerstörungsarme Objektuntersuchungen

Manchmal entsteht das Problem, dass einem Objekt keine Holzproben entnommen werden können, weder als Scheibe noch als Bohrkern. Das trifft zum Beispiel auf Möbel, Bildtafeln, Bilderrahmen, Skulpturen etc. zu. Unter bestimmten Voraussetzungen lassen sich an diesen Objekten trotzdem Datierungsversuche vornehmen, ohne dass Material entnommen werden muss. Dazu werden erfolgversprechende, aber für das Objekt selbst untergeordnete, meist verdeckte Partien von Stirnholzflächen geschliffen und poliert. Das Ergebnis kann anschließend eingescannt oder fotografiert werden. Scan oder Foto werden zum Schluss vermessen. Eine weitere Möglichkeit besteht zudem durch die Auswertung mit einer Hand-messlupe, allerdings mit dem Nachteil, dass eine spätere Wiederholungsmessung nicht mehr oder nur mit einem erhöhten Aufwand möglich ist.

Musikinstrumente lassen sich ebenfalls auf diese Weise untersuchen. Hier werden z.B. bei Geigen die Decken für eine Analyse herangezogen. Die Arbeiten erfordern meist einen höheren Arbeitsaufwand und höhere Kosten. Bei sehr feinringigen Proben reicht ein Foto selbst mit einer hochauflösenden Kamera nicht mehr aus. Für diesen Fall werden vor Ort oder im Labor mit Hilfe einer Spezialvorrichtung sog. Gigapixelfotos hergestellt. Ein Gigapixelfoto entsteht durch abschnittweises fotografieren der Probe. Das lückenlose Aneinandersetzen der Einzelfotos ergibt anschließend ein auswertbares und in der Auflösung ausreichend scharfes Gesamtbild.

Vorrichtung für eine Serie von Makroaufnahmen. Zur Verbesserung des Kontrastes wird die Stirnholzfläche z.B. des Tafelbildes zuvor mit Kreide behandelt. Über eine Skala lässt sich der Bildausschnitt auf 1/10mm genau fortlaufend präzise bestimmen. Die einzelne Aufnahme deckt einen Bereich von etwa 35 mm (1:1) bildfüllend ab. Das montierte Gesamtbild kann 500 mm und mehr betragen. Nur die Vorrichtung begrenzt den Spielraum der Kameraführung.

Zerstörungsfreie Untersuchungsmethoden

Allgemeine Hinweise

Bis zu einer bestimmten Größe lassen sich Objekte zerstörungsfrei untersuchen. Dabei brauchen in keiner Weise Eingriffe am Objekt vorgenommen zu werden. Für diese Untersuchungsmethode kommen hochwertige Kunstwerke, Bilderrahmen, Möbel-und Möbelteile, Skulpturen etc. in Betracht. Die für die Vermessung der Jahrringe notwendigen Radialschnitte werden virtuell durch Computer-Tomographen (CT) hergestellt. Wegen ihrer höheren Auflösungsmöglichkeit sind allerdings nur Maschinen der neueren Genration dafür geeignet. 

Je Untersuchungsobjekt/Bauphase oder Bauabschnitt sind standardmäßig mindestens 5-6 Proben mit einer Mindestlänge von jeweils 60 bis 70 Jahrringen erforderlich. Kurze Jahrringsequenzen erfordern eine größere Probenanzahl. Bei langen Sequenzen (ab 100 bis 120 Jahrringen) kann auch mit einer geringeren Anzahl von Proben bereits ein Datierungserfolg erreicht werden. Dabei gilt: Je umfangreicher das Probenmaterial, desto sicherer die Datierung. Werden diese Anforderungen nicht erfüllt, erhöht sich das Risko einer falschen Datierung.
Der Auftraggeber trägt die Verantwortung für das eingesandte Probenmaterial!