Nähere Betrachtungen über den Aspekt der Sicherheit einer Datierung

Die an die Dendrochronologie häufig gestellte Frage lautet: Wie sicher ist eine ausgewiesene Datierung tatsächlich? Um diese Frage zu beantworten, müssen wir uns mit dem in einer Expertise ausgewiesenen Wert für die mathematische Sicherheit auseinandersetzen, der bei idealen Bedingungen mit 99,99% angegeben wird. Die vollständige Aussage dafür lautet: Die Wahrscheinlichkeit der Synchronlage einer untersuchten Probe im Vergleich mit einer Referenzkurve liegt bei 99,99%. Die Formulierung des Umkehrschlusses muss dann folgerichtig lauten: Die Wahrscheinlichkeit einer Fehlinterpretation liegt bei 0,01%. Wir müssen uns also bewusst sein, dass in einem Intervall von z.B. 10.000 Jahren unter Zugrundelegung der standardisierten Berechnungsmethoden in der Dendrochronologie eine zufällige Gleichläufigkeit entsteht und damit zu einer Falschdatierung in der angegebenen Größenordnung führen kann.

Die Gefahr einer Falschdatierung ist umso größer, je geringer die Anzahl an Jahrringen auf einer Probe beträgt. Bei der Entnahme ist daher darauf zu achten, dass eine Selektion der Proben vorzugsweise nach dem Prinzip der Engringigkeit und damit einer maximalen Anzahl an Jahrringen vorzunehmen ist. Um der Gefahr einer Falschdatierung vorzubeugen, lautet die Forderung an den Bauforscher bzw. Archäologen nach Lieferung von mindestens 5-6 Proben aus einem Fundzusammenhang oder einer Zeit-/Bauphase. Da sich die Synchronlagen bei einer erfolgreichen Datierung gegenseitig stützen bzw. bestätigen, kann auf diese Weise die Aussagesicherheit erheblich verbessert werden, auch wenn sich das in den mathematischen Werten nicht darstellen lässt. Der Archäologe oder Bauforscher hat es also mit in der Hand, für die Erfüllung und Einhaltung der normativen Eigenschaften eines Probenkollektivs und damit für eine verbesserte Sicherheit einer Datierung zu sorgen.

Häufig halten Bauforscher oder Archäologen Kenntnisse über eine ungefähre zeitliche Einordnung der zu untersuchenden Hölzer zurück. Eine Berechnung ohne bekannten Datierungsspielraum verringert die Aussagesicherheit jedoch erheblich. Andererseits wirkt sich die Kenntnis nicht präjudizierend auf das Ergebnis aus. Zum Beispiel ist eine Datierung unter zwei Synchronlagen ganz anders zu beurteilen, als unter 10.000 möglichen Lagen. Je größer das Zeitintervall, in dem eine Datierung vermutet wird, desto strenger die Anforderungen an die Sicherheitsaussage. Ein angenommener Datierungsspielraum von 10.000 Jahren fordert eine Sicherheit von ≥99,99%. Liegen die Werte darunter, ist mit einer steigenden Irrtumswahrscheinlichkeit zu rechnen. Ein Wert ≤99,9% ist dann für diesen Spielraum nicht mehr akzeptabel. Der Bauforscher oder Archäologe kann deshalb mit dazu beitragen, die Aussagesicherheit mit der Angabe über die zu erwartende Datierung zu verbessern.

Um dem Bauforscher oder Archäologen eine Bewertung der Ergebnisse zu erleichtern, heben wir in unseren Expertisen die Stufen der mathematischen Sicherheit zusätzlich durch eine farbige Markierung hervor. Dabei bedeutet:

Rot =   Das Probenmaterial erfüllt nicht die normativen Eigenschaften für eine dendrochronologische Altersbestimmung. Die ausgewiesenen Datierungen sind als fraglich einzustufen.

Gelb =  Grenzwertige Sicherheit einer Synchronlage.

Grün = Gutes bis sehr gutes Probenmaterial. Die ausgewiesenen Datierungen gelten als zuverlässig abgesichert.

Querschnitt durch eine Musterbohrung: Die Bohrrichtung führt radial zur Stammachse. Die Probe ist ideal ausgestattet mit erhaltener Waldkante und einer ausreichenden Anzahl an Jahrringen.